Wenn des Redakteurs Mund zu einer „Kathedrale“ wird
Erlebnisse eines Zeitungsmannes bei einer Probe des Belecker MGV-Projektchores
„Baströckchen“ im Deutschen Haus – „Kleine Nachtmusik“ auf den Lippen
Von R. Großelohmann
BELECKE
War es leichtfertig zu sagen, dass mir Noten noch aus der Schule geläufig sind? Herr Dirigent hört es erfreut – und geht ab jetzt davon aus, dass wir Redakteure keine Extrawurst mehr brauchen.
Apropos Schule. So ein bisschen fühle ich mich zurück versetzt in alte Zeiten, als wir im Musikunterricht auf Stühlen mit den kleinen Klapptischchen vor dem Klavier saßen. Markus Schröder neben mir schaut zu, wie ich die Noten zum Text suche und hilft mir mit einem Tipp auf die Sprünge. Abgucken ist hier wohl erlaubt.
Eigentlich klappt’s ganz gut, bis plötzlich nicht nur der 2. Bass einstimmt, sondern auch noch der 1. und 2. Tenor und ich das Gefühl habe, hier werden vier Lieder parallel gesungen.
Doch der Mensch ist ein Gewohnheitstier – und gewöhnt sich damit auch an Herausforderungen. Beim nächsten Mal klappt es schon viel besser, und dann legt
sich Martin Krömer ins Zeug und kommt zu den Feinheiten. Der Inhalt des Liedes sei… „Party“ – „Stellt euch einfach Baströckchen vor“ – „Jamaica Farewell“ – und plötzlich geht’s ganz locker über die Lippen.
Bevor sich bei uns Elf auf der anderen Seite des Klaviers richtig Partystimmung breit macht und wir vielleicht noch ein bisschen mehr über Hermann Bertlings Tabakprobleme feixen – „Jetzt muss ich aber mal wirklich sagen, ich rauche eigentlich nicht“ – ruft Herr Dirigent zum nächsten Lied. Und wir beiden Unbedarften haben das Gefühl, dass Martin Krömer uns etwas Gutes tun möchte. Unsere Melodie bei „Love me tender“ ist einfach, während die Tenorstimmen vor größeren Anstrengungen stehen. Hier zeigt sich, wie wichtig der Einfluss des Chorleiters bei Rhythmik und Lautstärke ist. Martin Krömer gelingt es, dass sogar die beiden singenden Redakteure im richtigen Moment kräftig singen und sich im nächsten Moment zurücknehmen – „tender“ heißt schließlich „zärtlich“. Wir wundern uns, wie toll es klingt, wenn elf Männer dies vierstimmig hauchen.
Dann machen wir noch einen Ausflug in die Welt der klassischen Musik – Mozart, ein Lied nach der „Kleinen Nachtmusik“ – und zum Abschluss zur Freude unserer neun Mitsänger das Lied „Spieglein, Spieglein an der Wand“, für das der Projektchor bei seinem jüngsten Auftritt gefeiert wurde.
„Und jetzt trinken wir noch ein Bier“, kommandiert Josef Wüllner freudig – und ich wundere mich, dass die Probe schon vorbei ist. Die Zeit verging wie im Fluge. In der gemütlichen Männerunde anschließend wird mir bewusst, dass Singen wirklich Spaß macht. Wir sitzen noch eine halbe Stunde zusammen, reden über Gott und die Welt und dann löst sich die Schar Sänger langsam auf. Ich bin um eine eindrucksvolle Erfahrung reicher – und vielleicht in Zukunft nicht nur am Steuer meines Volvos ein begeisterter Sänger.
sind für